Querschnittsprojekte

Querschnittsprojekte

Die FEST arbeitet immer wieder an Projekten, die aufgrund ihres interdisziplinären Charakters nicht einem Arbeitsbereich allein zugeordnet werden können.


Themenfeld „Wertebildung in der Schule“

Nächste Veranstaltung: Wertebildung in der Schule. Struktur, Vermittlung, Entwicklungsdynamik, Herausforderungen und Ambivalenzen, 18.-20. September 2023

Ort: Evangelisches Studienseminar “Morata-Haus”, Neuenheimer Landstraße 2, 69120 Heidelberg

Die Tagung zielt auf eine interdisziplinäre Bearbeitung des Themas „Wertebildung in der Schule“. Dazu sollen Beiträge aus Philosophie, Rechtswissenschaft, Theologie, Erziehungswissenschaft und anderen Disziplinen miteinander ins Gespräch gebracht werden. In insgesamt zwölf Vortrags- und Diskussionsrunden wollen wir verschiedene fachliche Zugänge kennenlernen und das Thema gemeinsam und über die Disziplingrenzen hinweg auszuleuchten.

Den aktuellen Stand des Tagungsprogrammes finden Sie hier.

Dr. Dennis Dietz, Heidelberg School of Education
Prof. Dr. Melanie Kuhn, Pädagogische Hochschule Heidelberg
Prof. Dr. Magnus Schlette, FEST Heidelberg
PD Dr. Katarina Weilert, FEST Heidelberg

Themenfeld „Digitalisierung“

Die digitale Transformation hat vielfältige und tiefgreifende Auswirkungen auf die Gesellschaft. Maßgeblich angetrieben durch wirtschaftliche Interessen hat sie die Lebenswirklichkeit der Menschen – und damit diese selbst – bereits stark verändert (z.B. durch Smartphones und soziale Medien) und wird dies zukünftig aller Voraussicht nach noch stärker tun. Dieser Befund war Anlass dazu, dass an der FEST im Jahr 2018 eine Projektexploration zu diesem Thema startete (siehe Jahresbericht 2018, S.25). Seit dem hat sich das Kollegium in unterschiedlichen Kontexten intensiv mit verschiedenen, mit der Digitalisierung in Verbindung stehenden Fragestellungen beschäftigt.

Unter anderem wurden die Folgen der Digitalisierung auf zwei Studientagen behandelt. Im September 2018 wurde hauptsächlich der Frage nachgegangen, inwiefern die Digitalisierung zum Ziel der Nachhaltigkeit beitragen kann oder diesem möglicherweise im Wege steht. Auf einem Studientag im  Juli 2019 standen Fragen zu den ethischen Implikationen (z.B. vor dem Hintergrund von autonomen Waffensystemen und künstlicher Intelligenz), den Auswirkungen auf die Wissenschaft (Stichwort „digital humanities“) und die Wirtschaft (Stichwort „Überwachungskapitalismus“) im Fokus.

Die FEST wird sich auch zukünftig intensiv mit dem Themenfeld „Digitalisierung“ auseinandersetzen. Im Arbeitsbereich „Religion, Recht & Kultur“ wurde dafür das Themenfeld „Digitaler Wandel“ etabliert. Schwerpunkte liegen dabei auf den Veränderungen demokratischer Kultur und Herausforderungen für die Wissenschaftstheorie und -praxis. Im Arbeitsbereich „Frieden und Nachhaltige Entwicklung“ soll weiter der Frage nach der Kompatibilität von Digitalisierung und Nachhaltigkeit – unter anderem vor dem Hintergrund des digitalen Kapitalismus – nachgegangen werden. Darüber hinaus befinden weitere inhaltliche Auseinandersetzungen in der Konzeptionsphase und weitere Jour Fixe-Termine – Kirchenpräsident Volker Jung bildete mit einem Vortrag zum Thema „Digital Mensch bleiben“ (Link zu Youtube-Video) den Auftakt – sind in Planung.


Altern als Selbstverwirklichung (DGF-Netzwerk)
Freiheiten und Zwänge später Lebensphasen im Schnittfeld von Neurowissenschaften, Vorsorge-, Bildungs- und Altersdiskurs

Das Ideal der Selbstverwirklichung zählt zu den Leitorientierungen individueller Lebensführung in westlichen Gesellschaften. Angesichts der Demographie ‚alternder‘ Gesellschaften gewinnt zunehmend auch die Frage nach den Mitteln und Formen der Selbstverwirklichung in den späten Lebensphasen an sozialer Bedeutung. Alter soll nicht nur hingenommen, sondern auch gestaltet werden – hier zeigen sich neue Freiheiten wie neue Zwänge und potentielle Überforderungen.
In jüngerer Zeit tritt auch das mentale Vermögen alter Menschen in den Horizont der Selbstverwirklichungsaufgabe. Die neurowissenschaftlichen Erkenntnisse über das plastische, mithin entwicklungs- und kompensationsfähige Gehirn werden in Präventionsempfehlungen und Interventionsangebote („Gehirn-Jogging“) umgesetzt. Der Imperativ der Selbstverwirklichung im Alter erweitert sich um die Forderung nach der aktiven Sorge für das eigene mentale Vermögen und deren neurobiologische Grundlage. In der Wechselbeziehung gesellschaftlicher Produktivitäts- und Selbstverwirklichungserwartungen mit den Popularisierungen wissenschaftlicher Diskurse über Krankheitsprävention, ‚lebenslanges Lernen‘, ‚erfolgreiches Altern‘ und die Plastizität des Gehirns verändern sich die sozial wirksamen Konzepte der Altersindividualität und ihrer Gestaltungsräume.
Das DFG-Netzwerk nimmt die Veränderungen der ‚Alternsaufgabe‘ durch die genannten Diskurse interdisziplinär in den Blick. Der individualisierungstheoretische Rahmen erlaubt, verschiedene Stränge naturwissenschaftlich-medizinischer sowie sozial- und kulturwissenschaftlicher Alternsforschung in innovativer Weise aufeinander zu beziehen und den Einfluss wissenschaftlicher Altersdiskurse und ihrer Popularisierungen auf die Lebenswelt alternder Menschen selbst zu reflektieren.


Konkurrenz

In den Jahren 2011-2013 widmete sich das Kollegium der FEST in einer gemeinsamen interdisziplinären Studie dem Begriff der Konkurrenz. Es ist die Eigentümlichkeit von Konkurrenz, dass es sich bei ihr um eine gegenläufige und gleichzeitig aufeinander bezogene Aktion mehrerer Personen handelt, die nicht direkt (wie ein Kampf) zwischen den Interaktionspartnern stattfindet, sondern indirekt über ein gemeinsames Ziel vermittelt ist. Das lateinische concurrere bringt dies zum Ausdruck.
Konkurrenz bzw. die Idee der Konkurrenz in diesem Sinne ist auf unterschiedliche Weise allgegenwärtig in unserer Gesellschaft. Konkurrenzphänomene verschiedener Spielart begegnen nicht nur in der Wirtschaft und Politik, sondern auch in Wissenschaft, Kunst, Religion und sozialen Feldern wie Bildung und Gesundheit. In unserem Denken über die belebte Natur spielt “Konkurrenz”, spätestens seit Formulierung der darwinistischen Evolutionstheorie, ebenfalls eine gewichtige Rolle. Damit rücken die Fragen in den Blick, wer oder was überhaupt konkurrieren kann, was die Charakteristika von Konkurrenz als Prinzip der Verbindung bzw. Vergesellschaftung in Kultur und Natur sind und schließlich, worin die Gemeinsamkeit und Differenz von Konkurrenzphänomenen in den genannten Gegenstandsbereichen besteht.
Auffällig und erstaunlich zugleich ist, dass es in den meisten Disziplinen keine allgemein anerkannte Definition von “Konkurrenz” gibt, geschweige denn Einigkeit darüber herrschen würde, ob und in welchem Ausmaß und unter welchen Rahmenbedingungen überhaupt Konkurrenz herrscht und welche positiven oder negativen Wirkungen sie jeweils für wen hat. Vor diesem Hintergrund war es das Ziel der Kollegiumsarbeit, eine interdisziplinäre Anthologie zu erstellen, deren Analysen disziplinäre Grenzen überschreiten und so neuartige Perspektiven nicht nur auf das Phänomen Konkurrenz selbst werfen, sondern auch auf konkurrierende disziplinäre Theorien über sie.
Die Arbeit des FEST-Kollegiums zum Thema Konkurrenz (2011-2013) hat seinen Abschluss gefunden und kann in folgender Publikation nachgelesen werden: Kirchhoff, Thomas (Hg.) (2015): Konkurrenz. Historische, strukturelle und normative Perspektiven. Bielefeld: transcript. [Download Leseprobe: Inhaltsverzeichnis + Einleitung]. [Link zur Infoseite des Verlags].


Vertrauen

Vertrauen – ein Begriff, der durch die Finanzkrise einen ungeahnten Konjunkturaufschwung erlebte: Banken haben kein Vertrauen mehr untereinander, Anleger nicht mehr zu Banken, der Staat nicht mehr in den Markt, Staaten untereinander nurmehr eingeschränkt, viele Bürger nicht mehr in die Zukunft … Wie in der Ökonomie kommt Vertrauen auch in der Politik (insbesondere in Konflikten), der Theologie, der Philosophie, im Recht und in anderen Disziplinen eine maßgebliche Bedeutung zu. Doch wie manifestiert und zeigt sich Vertrauen? Worauf ist es begründet, worauf gerichtet? Was ist sein Inhalt, was sein Funktion? Wie verhält es sich zu Nicht-Vertrauen und Misstrauen? Wie ist es von Berechenbarkeit, Verlässlichkeit, Für-Wahr-Halten und anderen nahen Begriffen abzugrenzen? Solche und andere Fragen liegen auf der Hand. Durch fachspezifische und interdisziplinäre Reflexionen sind Annäherungen an diesen zentralen Aspekt menschlichen, gesellschaftlichen und staatlichen Zusammenlebens versucht worden. Die Arbeit des FEST-Kollegiums zum Thema Vertrauen (2009-2010) hat seinen Abschluss gefunden und kann in folgender Publikation nachgelesen werden: Markus Weingardt (Hrsg.), Vertrauen in der Krise, Zugänge verschiedener Wissenschaften, Nomos-Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 2011.
www.nomos-shop.de/Weingardt-Vertrauen-Krise/productview.aspx?product=13354.


Internationale Gerechtigkeit

Von Sommer 2007 bis Dezember 2008 widmete sich das Kollegium der FEST dem Thema Internationale Gerechtigkeit. Die Thematik ist von interdisziplinärem Zuschnitt und steht in mehreren Wissensdisziplinen – von der Rechtwissenschaft über die Politikwissenschaft und Wirtschaftswissenschaft bis zur Philosophie und Theologie – auf der Tagesordnung. Viel entscheidender aber ist der Bezug zur Lebenswirklichkeit. In einer globalisierten Welt entsteht das Bewusstsein einer unteilbaren Welt. Vor allem ökonomische und ökologische Wirkungszusammenhänge lassen uns über die Grenzen von Nationen und Kulturkreisen hinaus zusammenrücken. Wenn die Folgen ökonomischen Handelns und unser Einwirken auf das ökologische System weltweit Konsequenzen nach sich zieht, dann stellt sich die Frage nach einem ebenso weltweiten Risikomanagement und nach einer globalen Verantwortlichkeit lokalen Handelns. Diese Überlegungen stehen im Zentrum einer Bestimmung Internationaler Gerechtigkeit.

Die Arbeit im Kollegium der FEST folgte der Zielsetzung, eine Vielzahl von Aspekten des Themas Internationale Gerechtigkeit zu beleuchten. Weitere Fachwissenschaftler wurden zur Bereicherung der Kollegiumsarbeit eingeladen. Neben grundlegenden Bestimmungen im Bereich der Philosophie (Hartung), der Theologie (Schaede) und der Anthropologie (Liebsch) wurde die Diskussion in die einzelnen Praxisfelder Internationaler Gerechtigkeit geführt. Hierzu zählen Betrachtungen zum Völkerrecht (Empell), zum internationalen Verwaltungsrecht (Schmidt-Aßmann), Patentrecht (Rademacher) und Steuerrecht (Huber) wie auch zur Rechtspolitik internationaler Konzerne (Weilert). Neben diesem Schwerpunkt wurde die politische Dimension in einzelnen Aspekten – Stellungnahmen der Kirchen zur Entwicklungspolitik (Diefenbacher/Teichert), Religiöse Akteure im Konflikt (Weingardt), Kulturelle Vielfalt und Gerechtigkeitsfrage (Godinho) – untersucht und eine Analyse der ökonomisch-ökologischen Situation – Ressourcenverteilung (Ratsch), Welthandel (Teichert), Verschuldung (Diefenbacher) und Klimaschutz (Obschoor) – vorgenommen.

Die Ergebnisse dieses wissenschaftlichen Diskurses sind nachzulesen bei Gerald Hartung/Stephan Schaede (Hg.), Internationale Gerechtigkeit. Theorie und Praxis, WBG Darmstadt 2009.


Bonhoefferforschung

Die Beschäftigung mit der Theologie Dietrich Bonhoeffers (*1906 †1945) reicht in eine Zeit zurück, in der Bonhoeffer von der akademischen Lehre in der Bundesrepublik Deutschland noch ignoriert wurde: bis zur Vorbereitung der Ökumenischen Versammlung “Kirche und Gesellschaft” in Genf 1966 (Günter Howe/Heinz Eduard Tödt, Frieden im wissenschaftlich-technischen Zeitalter. Ökumenische Theologie und Zivilisation, Stuttgart 1966). Sie intensivierte sich ab 1980. Damals wurde beschlossen, die Werke Bonhoeffers in einer gründlich kommentierten Gesamtausgabe zu versammeln. Das FEST-Kollegiumsmitglied Heinz Eduard Tödt (*1918 †1991) koordinierte als Gesamtherausgeber-Sprecher die Arbeit der etwa 35 Bandherausgeber, vorzugsweise Zweier-Teams aus der Bundesrepublik und der Deutschen Demokratischen Republik. Nach dem Tode Tödts übernahm Wolfgang Huber (von 1968 bis 1980 im FEST-Kollegium) diese Aufgabe. Die 16 Bände plus Registerband, insgesamt rund 10.000 Seiten, erschienen in ersten Auflagen zwischen 1986 und 1999 (München ab 1986, Gütersloh ab 1994). In der FEST war Ilse Tödt geb. Loges für die Edition freigestellt. Ihr Name steht in sieben Bänden unter den Band-Herausgebern; weiteren Bänden arbeitete sie zu. Seit 1991 zählt sie zu den Gesamtherausgebern. Sie wirkte mit an der Aktualisierung von zweiten und dritten Auflagen von Bänden dieser Ausgabe “Dietrich Bonhoeffer Werke” (DBW).

Die englischsprachige Fassung der DBW, “Dietrich Bonhoeffer Works English” (DBWE), begann 1996 zu erscheinen. Ilse Tödt hat die Übersetzungsarbeit von sechs Bänden intensiv begleitet, zuletzt (2008) die Briefe, Aufzeichnungen und Gedichte aus Bonhoeffers Haft 1943-1945, die Eberhard Bethge (Kuratoriumsmitglied der FEST, *1909 †2000) ab 1951 unter dem Titel “Widerstand und Ergebung” veröffentlicht hatte (DBW/DBWE 8).

Ilse Tödt und Keichi Minami
Ilse Tödt und der japanische Bonhoefferforscher Keichi Minami

Gegenwärtig laufen Arbeiten an einem “Bonhoeffer Handbuch” im Verlag Mohr Siebeck in der Reihe “Theologen Handbücher”, in welcher das Luther- und das Augustin-Handbuch bereits erschienen sind. Herausgeberin ist die im September 2008 zur Ersten Vorsitzenden der Internationalen Bonhoeffer-Gesellschaft Sektion Bundesrepublik Deutschland gewählte Christiane Tietz, Universität Mainz.

Im Arbeitszusammenhang mit der FEST bereitet Ilse Tödt als einen neuen DBW-Ergänzungsband eine umfangreiche Dokumentation vor: “Die Finkenwalder Rundbriefe. Briefe und Texte von Dietrich Bonhoeffer und seinen Predigerseminaristen 1935-1946. Gesammelt von Eberhard Bethge. Zum Druck vorbereitet durch Otto Berendts mit Ilse Tödt.” Der Band ist 2013 im Gütersloher Verlagshaus erschienen.